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Sr. Dr. Katharina Deifel OP / Wien - Eucharistie – Sakrament der Liebe Gottes

Kirche als Leib CHRISTI Wenn die Gegenwart GOTTES in Seiner Schöpfung zu ihrem Heil, zu ihrer Vollendung, notwendig (im wahrsten Sinn des Wortes!) ist, muss Er nach Auferstehung und Himmelfahrt CHRISTI neue Formen dieser Präsenz finden. Es muss sich eine Gemeinschaft bilden, die CHRISTUS in Wort und Tat in der Geschichte bis an ihr Ende bezeugt – die Kirche. Ich erinnere an das wunderbare Kirchenbild des PAULUS:1 Kor 12, 12-­‐27. 

PAULUS fordert damit nicht mehr und nicht weniger, als dass Sich die Liebe GOTTES in der Kirche ebenso verleiblichen soll, wie sie sich in CHRISTUS verleiblicht hat. Ein hoher Anspruch – und zugleich eine Erinnerung daran, dass Kirche nur so weit Kirche ist, als sie CHRISTUS repräsentiert! 


Die Sakramente als Fortsetzung der Verleiblichung der Liebe GOTTES Ein Zeichen ist ein modellhaft vereinfachtes Bild für eine (meist komplexere) materielle Wirklichkeit, z.B. Verkehrszeichen, Atommodell, Planetarium.
Ein Symbol – wörtlich: das Zusammengefügte – ist ein Bild für eine geistige Wirklichkeit, es erschließt damit einen neuen Wirklichkeitsbereich oder, anders ausgedrückt, ein Symbol hat eine einfache Brückenfunktion. Es wird nicht willkürlich festgelegt, sondern hat Anteil an dem, was es symbolisiert und erwächst aus einer bestimmten Kulturgemeinschaft (z.B. Kreuz) oder aus menschlichen Grundgegebenheiten (z.B. Wasser) Ein Sakrament ist ein wirksames Symbol; seine Wirksamkeit beruht sowohl auf der Heilszusage GOTTES durch CHRISTUS im GEISTE als auch auf unserem Antwortverhalten.

Das Sakrament hat daher eine doppelte Brückenfunktion, weil hier eine Wechselbeziehung GOTT – Mensch stattfindet. Für den gläubigen Menschen jeder Religion kann jeder Sinnengegenstand Symbol für den tragenden Sinngrund, den wir GOTT nennen, werden -­‐ vgl. GOETHEs „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis“. Ferner liegt es offenbar im Wesen des Menschen, besondere Knotenpunkte des Lebens – Geburt und Tod, Mahlgemeinschaft und Geschlechtsgemeinschaft – symbolisch auf diesen letzten Sinngrund zu beziehen. Dieser anthropologische Aspekt ist der Symbolik und der Sakramentalität gemeinsam. Daher haben die Sakramente auch am spezifischen Aufgabencharakter der Symbole teil.

Damit ist von vornherein ein magisches Sakramentsverständnis abgewehrt: Der Satz: „GOTTES Gaben sind Aufgaben für den Menschen“ gilt auch und gerade in der Sakramententheologie. Denn in jedem Sakrament übernehme ich eine Aufgabe für einen bestimmten Lebensbereich, erhoffe mir aber die dazu nötige Gnade GOTTES. Und diese Hoffnung beruht darauf, dass sich im Sakrament die in CHRISTUS erfolgte Verleiblichung GOTTES fortsetzt Daher gehören Kirche und ihre Ausfaltung in einzelnen Sakramenten wesentlich zum Christentum, nicht aber in andere Religionen, denen der Gedanke der einmaligen MenschwerdungGOTTESfremd ist. Die Ausfaltung des Grund-­‐Sakraments Kirche in Einzelsakramente war ein langer historischer Prozess, Marksteine waren das Lateranense IV (1215) und das Tridentinum (1545-­‐63). Von den damals festgelegten 7 Sakramenten sind aber nicht alle gleichrangig, sondern Taufe und Eucharistie gelten als sacramenta maiora, als die wichtigeren Sakramente (DH 1603).

Taufe und Eucharistie entsprechen zwei menschlichen Grunderfahrungen, ohne die menschliches Leben nicht glücken kann: Die Vater-­‐Mutter-­‐Erfahrung ist die Erfahrung der Geborgenheit in einem Sinngrund; anthropologische Voraussetzung ist das zunächst durch die Eltern, später durch andere menschliche Gemeinschaften vermittelte Urvertrauen – das aufgrund der menschlichen Fähigkeit zur Selbttranszendenz auf einen Letztgrund in überschritten werden kann. Diesem Urvertrauen entspricht das Sakrament der Eucharistie und als weitere Ausfaltung die Sakramente Buße und Ehe. Die Geist-­‐Erfahrung ist die Erfahrung der Aufgabenhaftigkeit unseres Lebens und damit des je eigenen Lebenssinns: Je mehr man sich von diesem Lebenssinn be-­‐GEIST-­‐ern lässt, desto sinnvoller erlebt man das Leben. Der Sinn-­‐Erfahrung entspricht das Sakrament der Taufe und die Ausfaltung in den weiteren Sakramenten Firmung, Weihe, Krankensalbung. Beide Grunderfahrungen ergänzen einander: nur wer sich angenommen weiß, kann eine Aufgabe übernehmen – und nur, wer Aufgaben übernimmt, weiß sich angenommen.

Eucharistie als doppelte Wandlung Liturgische Mahlgemeinschaften symbolisieren auch in anderen Religionen, besonders im Judentum, eine doppelte Gemeinschaft: die “vertikale” Gemeinschaft der Gläubigen mit GOTT und die “horizontale” Gemeinschaft der Gläubigen untereinander. Im Christentum ist aufgrund der Menschwerdung GOTTES in CHRISTUS diese Mahlfeier wirksames Symbol himmlischer Gemeinschaft, d.h. symbolisiert nicht nur als irdische Gemeinschaft die himmlische, sondern realisiert sie auch partiell: deshalb war und ist die Eucharistiefeier Zentrum kirchlichen Lebens. Das Leibsymbol vermittelt dabei zwischen dem LeibCHRISTI als konsekriertem Brot und Leib CHRISTI als Gemeinde: in beiden Symbolen ist CHRISTUS wirklich (wesenhaft und wirksam zugleich) gegenwärtig. Es findet daher in jeder Eucharistiefeier eine doppelte Wandlung statt: die von Brot und Wein in Leib und Blute CHRISTI und die der Gläubigen in Glieder das Leibes CHRISTI. Das Leibsymbol macht daher das im Sakrament intendierte Zusammenwirken von GOTT und Mensch besonders deutlich:

GOTTES Pro-­‐ Existenz in CHRISTUS soll vom Menschen durch Pro-­‐Existenz für GOTT und die Mitmenschen (GOTTES-­‐ und Nächstenliebe) beantwortet werden. Dadurch entsteht auf Erden “Leib CHRISTI” als jene spezifische GOTT-­‐Mensch-­‐Mensch-­‐ Mensch-­‐Gemeinschaft, deren Vollendung wir als Himmel erhoffen.

Sr. Dr. Katharina Deifel OP / Wien